Mitnehmen des Anderen
In der Erkenntnis des evolutionären Kosmos, mit allgegenwärtiger kollektiver Dimension, kann Yoga sich nicht mehr erschöpfen in individueller Einzelerfahrung und abgetrennter Entwicklung. Yoga, genauer spirituelles Yoga, muß sich öffnen zu einer kollektiven umarmenden Bewegung für jedermann. Religion, Alter, Beruf, Stand, Rasse, Kaste, Geschlecht, Geld, Macht, Ruf sind bedeutungslos. Es sind vom Menschen errichtete Barrieren, die seine Entwicklung hemmen. Was tun? Es geht nicht mehr um die eigene Position, sondern das Mitnehmen des Anderen. Haben wir etwas Herzqualität in unser Denken gebracht, verbindet uns eine mächtige kollektive Woge des Mitgefühls. Sie ist nichts anderes als die Kundalin selbst. So werden Kontakte und Gespräche zu tiefem Austausch. Dann lassen sich Brücken schlagen und auch Unbequemes ansprechen.

Chancen-Gleichheit
Der ernsthafte Sucher wird nie Geld zahlen für seine Entwicklung, denn man kann sie nicht kaufen. Mehr noch – es beleidigt die Natur dieser göttlichen Kraft, die kein arm-reich, alt-jung, dumm-klug kennt. Jedermann bietet die Kundalini die gleiche Chance der Entwicklung. „Niemand hat das Recht in der ersten Reihe zu sitzen,“ wie es Shri Mataji ausdrückte. Damit meint sie genauso religiöse Würdenträger wie die ganze Palette „professioneller Weiser“ und Ratgeber. Noch zwingender Christus, der die Mühseligen und Beladenen anspricht: „Die Letzten werden die Ersten sein.“ Irrelevant sind also beeindruckende Verbreitung, Organisation, teure Kurse, Diplome, Lebensläufe. Was zählt ist Authentizität und die Tiefe der Erfahrung.

Grenzen der Erkenntnis
Also sprach Brahma der Erschaffer:
„Alle Dinge erschuf Ich. Alle Gottheiten kommen von Mir. Ich wurde zu meiner Schöpfung, und Meine Schöpfung kehrt zurück zu Mir, so wie die Wogen hinausgehen in den Ozean und wieder zurückkommen. Aus Meiner Macht geht hervor die Illusion der Maya, oder die “Realität“ des sich endlos wandelnden Universums. Dies ist Mein göttliches Spiel (Leela). Niemals werdet ihr Mich einfangen in euren mentalen Konzepten, denn Ich selbst habe alle Konzepte inspiriert zu Anfang an und wenn ihr euch Mir nähert, werde Ich alle Konzepte am Ende vernichten.“ (Upanishaden)

Demut
Das ist gewaltig. Hervorgehen soll daraus zweierlei, dass wir nicht willentlich mit dem Unbegreiflichen in Kontakt treten können und weiter – statt Vermessenheit, Demut angebracht wäre, weil unser Denken nicht hinreicht, das Grenzenlose zu fassen. Wie auch könnte ein Mikroskop seinen Erfinder verstehen, selbst wenn es noch so Feines sieht. Erforscht kann nur werden, was bereits besteht. Neues aus menschlichem Wirken ist evolutionär meist unangepasst und bereitet Probleme, besonders wenn es kurzsichtigen egoistischen Zwecken dient (zB. Plastik, Atomenergie). Besieht man sich jüngste Erkenntnisse und ihre Umsetzung, muss man zugestehen, dass die Natur nicht nur alles bereits erfunden, sondern verwirklicht hat. Deshalb versucht etwa Bionik Mutter Naturs Geheimnisse zu entlocken.

Stille
Das große Hindernis ist unsere rastlose Gedankenflut. Die Evolution hat dies vorausgesehen und die Lösung bereitgestellt. Erst der Zustand der Gedankenfreiheit ist es, der die Tür öffnet. Die Kundalini vermag es, diesen Zustand herzustellen. Per Se ist Meditation damit keine weltliche, sondern eine spirituelle Dimension – und dies ist auch der Grund für ihre physiologische Notwendigkeit. Umgekehrt, erklärt sich daraus, warum Meditation immer ein Füllhorn des Guten sein muss, auch wenn wir zunächst nur weltliche Ambitionen haben. Auf jeden Fall, will sie uns zu mehr Reife und Verständnis über uns und die Welt führen.

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